11.1.3 Aceton
Bei akuter Exposition mit Aceton sind neurologische Effekte, ähnlich denen einer Ketoazidose, bekannt: Es kann zu Bewusstseins-Eintrübungen, Kopfschmerzen, verlangsamten Reflexen und schließlich Bewusstlosigkeit kommen. Ebenfalls sind Veränderungen der Blutzusammensetzung mit einem Anstieg der weißen Blutkörperchen bekannt. Aus Tierversuchen gehen leberschädigende und nierentoxische Wirkungen hervor, die sich in Einzelfallberichten beim Menschen zu bestätigen scheinen. Tierversuche zeigen außerdem mögliche negative Effekte auf die männliche Fruchtbarkeit. (329) Zur Bewertung einer chronischen Langzeitbelastung von oral zugeführtem Aceton sind keine ausreichenden Daten aus Langzeitstudien am Menschen vorhanden. Insgesamt wird Aceton als “vergleichsweise wenig toxisch” eingeschätzt. (329)
Aceton ist bekannt aus seiner Anwendung in Nagellackentfernern, Reinigungsmitteln, Farben und Lacken. Circa 86 % der weltweiten Herstellung von Aceton dienen der Herstellung von Plastikbestandteilen (das umstrittene Bisphenol A), Acryl-Werkstoffen (wie zum Beispiel Acrylglas und Zahnprothesen) oder der Verwendung als Lösungsmittel in der pharmazeutischen Industrie. (329) Genau wie Methanol kommt auch Aceton natürlicherweise in der Umwelt vor und wird von bestimmten Pflanzen, Insekten und Mikroben produziert. Auch im menschlichen Organismus wird Aceton als Zwischenprodukt gebildet. Erhöhte Stoffwechselraten – wie sie für Kinder und Heranwachsende üblich sind –, Kalorienrestriktion und Low-Carb-Diäten führen über die Verstoffwechselung von Fettsäuren zu einer vermehrten Acetonbildung. Bei verschiedenen Erkrankungen, insbesondere Diabetes, ist die Acetonbildung ebenfalls deutlich erhöht und kann bis zur Ketoazidose führen. Für gesunde Individuen ist ein Keton-Blutspiegel von ungefähr 0,1 mM (0,2 bis 2,8 mg/dl im Vollblut) beschrieben. (329) In der Ausatemluft befindet sich circa 1 ppm Aceton. Diese Werte können bei einer Ketoazidose auf das 30-Fache im Blut bzw. das 1000-Fache in der Ausatemluft ansteigen. (330) Zu den klinischen Zeichen einer solchen Ketoazidose gehören neben den Folgen des entgleisten Blutzuckers ein vertiefter, stark nach Aceton riechender Atem, starke Müdigkeit und Verwirrung.
Für eine Übersicht und Einteilung möglicher Lösungsmittel siehe Kapitel 11.