13.1 Die wichtigsten Kontaminanten beim Erhitzen von Nahrungsmitteln
13.1.1. Acrylamid
Acrylamid entsteht bei starker Erhitzung kohlenhydratreicher Lebensmittel, weshalb empfohlen wird, diese Lebensmittel nicht zu lange und nicht bei zu hoher Temperatur (nicht über 170 °C) zuzubereiten. (336) Besonders hohe Gehalte an Acrylamid finden sich in Kartoffelprodukten wie Pommes frites und Kartoffelchips, in Getreideprodukten sowie in Kaffee. Rauchen stellt neben der beruflichen Exposition die bedeutendste Belastungsquelle dar.
Auch in Bäckereien ist Acrylamid immer wieder ein großes Thema. Bäcker sind angehalten, ihre Erzeugnisse bei geringer Temperatur zu backen. Insbesondere mittels Umluft gebackene Erzeugnisse enthalten größere Mengen Acrylamid. Grund ist die schnellere Abtrocknung der Teigoberfläche mit der intensiveren Krustenbildung speziell bei Brot, was dann zu einem höheren Acrylamidgehalt führt. (336) Tendenziell enthalten Kekse, Lebkuchen und Brötchen aufgrund der größeren Oberfläche daher weitaus höhere Mengen Acrylamid als Brote.
Im Jahr 2002 wurde Acrylamid erstmals in erhitzten, stärkereichen Lebensmitteln nachgewiesen. Acrylamid entsteht durch eine Reaktion von Zucker (Glucose, Fructose) mit Aminosäuren, vorrangig Asparagin, bei einer Temperatur ab 120 °C. (333)
Im Körper wird Acrylamid zu Glycidamid umgewandelt, welches ein noch höheres genotoxisches Potenzial aufweist als Acrylamid selbst. (333) Diese Substanz bindet an Thiol- sowie Aminogruppen (z. B. Glutathion, Hämoglobin) und reagiert mit Basen der Desoxyribonukleinsäure (DNA). Die Gabe von Acrylamid erzeugte in Tierversuchen Veränderungen des Erbguts und Krebs. Bei höheren Dosen wurden zudem die Nerven der Tiere geschädigt und die Fortpflanzung beeinträchtigt. (336) Von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) wurde Acrylamid für Menschen als “wahrscheinlich krebserregend” eingestuft. (333)
Ein gesetzlicher Höchstwert bezüglich Acrylamidgehalten in Lebensmitteln existiert bislang nicht. Seit 11. April 2018 gilt aber die Verordnung VO (EU) 2017/2158 der Kommission zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln. (337) Die von der EFSA festgelegten Richtwerte zur Orientierung betragen je nach Lebensmittelgruppe maximal 1000 μg/kg; für Kaffeeersatz bis zu 4000 μg/kg.
Tabelle: Acrylamid-Richtwerte zur Orientierung (EU 2013) und gemessene Werte (Österreich 2007 - 2015)
Lebensmittel |
Richtwert (μg/kg) |
Acrylamid-Gehalte in österreichischen Lebensmitteln |
Pommes frites |
600 |
199 |
Kartoffelchips |
1000 |
844 |
Brot |
80 - 150 |
46 (Knäckebrot: 241) |
Frühstückscerealien |
200 - 400 |
66 |
Gebäck, außer Lebkuchen |
450 - 500 |
250 |
Lebkuchen |
1000 |
292 |
Röstkaffee |
450 |
250 |
Löslicher Kaffee |
900 |
678 |
Kaffeeersatz |
2000 - 4000 |
|
Säuglingsnahrung außer Cerealien |
50 - 80 |
|
Kindergebäck |
200 |
|
Getreidehaltige Fertigprodukte für Kinder |
50 |
|
Quellen: (336,337)
Darüber hinaus wird Acrylamid auch industriell als Flockungsmittel in der Wasseraufbereitung und zur Papierherstellung angewendet. Vernetztes Polyacrylamid wird als Wasserabsorber in Windeln und im Laboralltag zur Herstellung von Gelen verwendet und kann sich als Verunreinigung in Kosmetika wiederfinden. (333,336,337)
Für eine Übersicht der wichtigsten erhitzungsbedingten Kontaminanten siehe Kapitel 13.