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6.1.3 Fluoride

Die Fluoridkonzentration im Grundwasser in der EU ist im Allgemeinen niedrig. Aufgrund unterschiedlicher geologischer Gegebenheiten gibt es jedoch große regionale Unterschiede. Fluoride sind Fluorverbindungen, wie beispielsweise Natriumfluorid oder Calciumfluorid. Die wichtigsten Fluoridquellen sind Wasser – sowohl Leitungswasser als auch abgefülltes Wasser sowie Lebensmittel, fluoridiertes Speisesalz und Zahnpflegeprodukte.

Fluorid kommt in öffentlichen Wassersystemen natürlich vor, und zwar aufgrund der Verwitterung von fluoridhaltigem Gestein und Böden und der Auswaschung aus dem Boden in das Grundwasser. Die Ablagerung von fluoridhaltigen Emissionen aus kohlebefeuerten Kraftwerken und anderen industriellen Quellen trägt ebenfalls zu den im Wasser gefundenen Mengen bei – entweder durch direkte Ablagerung oder durch Ablagerung auf dem Boden und anschließendes Abfließen ins Wasser. (208)

Die im Trinkwasser natürlich vorkommende Fluoridkonzentration in den EU-Mitgliedstaaten reicht von 0,1 bis ca. 6,0 mg pro Liter und zeigt auch eine große Variation innerhalb der Länder. In Deutschland liegt der Bereich zwischen 0,1 und 1,1 mg pro Liter. (209) Die Richtlinie 98/83/EG über die Qualität des Wassers für den Verzehr durch Menschen erlaubt eine maximale Fluoridkonzentration des Trinkwassers von 1,5 mg pro Liter. (210)

Das Trinkwasser wird in Europa in den meisten Mitgliedstaaten nicht künstlich fluoridiert. (211) In Europa fügen Irland und einige Regionen in Spanien und dem Vereinigten Königreich dem Trinkwasser derzeit Fluorid in einer Konzentration von 0,2 bis 1,2 mg/l zu. (212)

Eine große Bandbreite mit bis zu 8 mg pro Liter wurde in der Konzentration von Fluorid in Flaschenwasser beobachtet. (209) Entsprechend der Richtlinie 2003/40/EG8 darf der Fluoridgehalt von 5 mg pro Liter eigentlich nicht überschritten werden. Mineralwässer mit einem Gehalt von über 1,5 mg Fluorid pro Liter müssen auf dem Etikett mit den Worten „Enthält mehr als 1,5 mg/L Fluorid: Nicht für den regelmäßigen Verzehr durch Säuglinge und Kinder unter sieben Jahren geeignet“ sowie einer Angabe des tatsächlichen Fluoridgehalts versehen sein. (213)

Bewusst zugesetzt werden Fluoride hingegen in bestimmten Zahnpflegeprodukten, vor allem Zahncreme. Auch eine Fluoridierung von Speisesalz ist in vielen europäischen Ländern zu finden. In Deutschland wurde die Fluoridierung von jodiertem Speisesalz 1991 zugelassen. Begründet wurde dies durch den gut vorhersehbaren Verzehr, der sich aufgrund des Geschmacks selbst begrenzt. Jedes Gramm fluoridiertes Speisesalz enthält 0,25 mg Fluorid. Der häusliche Verbrauch von Speisesalz zur Zubereitung von Speisen wurde in der Größenordnung von 2 g/Tag ermittelt, was zu einer zusätzlichen Zufuhr von circa 0,5 mg pro Tag führt. (214)

Gemein ist diesen Praktiken das Ziel der Kariesprophylaxe. (208) Fluoride sollen hier über verschiedene Mechanismen der Kariesentstehung vorbeugen: Im Mund befinden sich Millionen von Bakterien, welche Säuren produzieren. Um diese zu neutralisieren, werden aus dem Kristallgitter des Zahnschmelzes bestimmte Mineralien – vor allem Calcium und Phosphor – herausgelöst, wodurch Karies entstehen kann. (215) Die Exposition gegenüber Fluorid während der Entwicklung der Zähne im Kindesalter führt zum Einbau in das Kristallgitter (Hydroxylapatit) des sich entwickelnden Zahnschmelzes und Dentins. Das resultierende Fluorhydroxylapatit ist resistenter gegen Säuren als Hydroxylapatit. (215) In epidemiologischen Studien, die vor den 1970er Jahren durchgeführt wurden, als Fluorid im Trinkwasser praktisch die einzige relevante Quelle der Fluoridaufnahme war, wurde gezeigt, dass die Häufigkeit von Karies negativ mit der Fluoridkonzentration des Wassers korreliert. (216) Trotz präventiver Effekte im Hinblick auf Karies kann von keiner Fluoridmangel-Erkrankung gesprochen werden. Tatsächlich gibt es keine Mangelerkrankungen für Fluorid. Auch gemäß EFSA ist Fluorid kein essenzielles Spurenelement. Daher ist es im Grunde auch eine Besonderheit, dass die EFSA für Fluorid Referenzwerte (Dietary Reference Intake, DRV) angibt, da diese darauf basieren, wie viel eines Stoffes durchschnittlich benötigt wird, um essenzielle physiologische Funktionen zu gewährleisten. Die Empfehlungen der EFSA liegen für erwachsene Männer bei 3,4 mg, für Frauen bei 2,9 mg. (216) Die Empfehlungen der D-A-CH-Gesellschaften ähneln diesen Werten mit 3,8 mg für Männer und 3,1 mg für Frauen (217). Andere Institutionen wie das Committee on Medical Aspects of Food Policy (COMA) des Vereinigten Königreichs, die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die nordischen Länder (NNE, Nordic Nutrition Recommendations) und das Scientific Committee on Food (SCF) haben solche Werte jedoch weder für Erwachsene noch für Kinder festgelegt. (218–221)

Über den kariespräventiven Effekt hinaus hat Fluor kaum wünschenswerte Auswirkungen. (216) Bei zu hoher Zufuhr besteht hingegen die Gefahr einer Dentalfluorose sowie einer Knochenfluorose. Die Zahnfluorose ist eine unerwünschte Nebenwirkung einer übermäßigen Fluoridzufuhr während der kritischen Phase der Zahnschmelz-Entstehung im Laufe der Kindesentwicklung. Der empfindliche Zeitraum reicht bis zum Alter von acht Jahren – mit Ausnahme der Weisheitszähne, bei denen die Reifung des Zahnschmelzes nicht vor dem Alter von 12 bis 16 Jahren abgeschlossen ist. (222) Sehr leichte Formen der Zahnfluorose sind nur ästhetisch bedenklich und äußern sich in weiß gesprenkeltem Zahnschmelz, während in schweren Fällen die Zähne braun gefärbt sind und Schmelzdefekte aufweisen können. Die tolerierbare obere Aufnahmemenge (UL) im Hinblick auf eine Zahnfluorose, das heißt die Höchstmenge unter der es nicht zur Zahnfluorose kommt, wurde für Kinder bis zum Alter von acht Jahren von der EFSA auf 0,1 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag bzw. 1,5 mg Gesamtdosis pro Tag für Kinder von ein bis drei Jahren und von 2,5 mg pro Tag für Kinder im Alter von vier bis acht Jahren festgelegt. (222) Bei Erwachsenen erhöht eine chronische Fluoridaufnahme das Risiko von Knochenbrüchen und die Entwicklung einer Skelettfluorose. Diese entsteht nach vielen Jahren exzessiver Fluoridzufuhr von 10 bis 20 mg pro Tag. Die EFSA hat daher die tolerierbare obere Aufnahmemenge auf 0,12 mg pro Kilogramm Körpergewicht oder 5 mg für Kinder und Jugendliche von neun bis vierzehn Jahren sowie 7 mg pro Tag für Jugendliche ab fünfzehn Jahren sowie Erwachsene festgelegt. (222)

Neben den negativen Auswirkungen einer zu hohen Fluoridzufuhr auf Zähne und Knochen werden weitere bedenkliche Nebenwirkungen von Fluoriden diskutiert. (208) Diese betreffen vor allem die Entwicklung des Gehirns und das Hormonsystem mit Beeinträchtigungen der Schilddrüse und der Melatoninbildung durch die Zirbeldrüse.

Beispielsweise könnte Fluor neurotoxisch wirken. In einem systematischen Review, in das 27 epidemiologische Studien eingingen, konnte ein Zusammenhang zwischen hoher Fluorexposition über das Trinkwasser und einem niedrigeren IQ ermittelt werden. (223)

Auch Auswirkungen auf die Schilddrüsenfunktion konnten in einigen Studien gefunden werden – darunter eine erhöhte Prävalenz der Kropfbildung, erhöhte TSH-Werte sowie veränderte Werte der Schilddrüsenhormone T4 und T3. Um solche Effekte auf die Schilddrüsenfunktion zu erzeugen, waren in diesen Studien 0,05 bis 0,13 mg Fluorid pro Kilogramm Körpergewicht im Einsatz. Wenn gleichzeitig die Jodzufuhr zu niedrig war, reichten schon Dosen von 0,01 bis 0,03 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag, sodass von einer Schutzfunktion von Jod gegenüber Fluor ausgegangen werden kann. Des Weiteren wird ein Einfluss von Fluoriden auf das Calcitonin, die Aktivität des Parathormons sowie die Aufnahme und den Bedarf von Calcium diskutiert. (208)

Interessant sind auch Belege für die Ansammlung von Fluor in der Zirbeldrüse. Dies ist eine endokrine Drüse im Mittelhirn, welche Melatonin bildet und ausschüttet und so für die Regulierung des zirkadianen Rhythmus, beispielsweise des Schlaf-Wach-Zyklus, verantwortlich ist. Aufgrund ihrer außergewöhnlich starken Durchblutung und ihrer Lage außerhalb der Blut-Hirn-Schranke kann die Zirbeldrüse beträchtliche Mengen an Fluorid und Calcium akkumulieren, was zu einem Melatoninmangel führen könnte. (224)

Mögliche weitere negative Effekte könnten Fluoride auf den Gastrointestinaltrakt, die Niere, die Leber und das Immunsystem haben. (208)

Für eine Übersicht der Wasserqualität und die Belastung mit weiteren bedenklichen Stoffen siehe Kapitel 6.

Wasserqualität: Das Wichtigste zusammengefasst

●      Die Wasserqualität spielt für nahezu alle Produkte eine entscheidende Rolle: entweder für das Wachstum der Pflanzen und Algen, bei der Weiterverarbeitung oder der Extraktion.

●      In Deutschland unterliegt das Trinkwasser strengen Kontrollen und auch das für das Pflanzenwachstum wichtige Oberflächenwasser wird stichprobenartig getestet. In vielen anderen Ländern der Welt sind die Vorgaben und Kontrollen jedoch deutlich geringer.

●      Dennoch ist das Oberflächenwasser auch in Deutschland durch erhöhte Nitratbelastungen aus der Landwirtschaft und weit verbreitete Schadstoffe (z. B. Quecksilber und PAK) in keinem guten Zustand. Auch das Trinkwasser ist mit vielen Stoffen belastet, darunter das Kontrastmittel Gadolinium, Pestizide, Antibiotika und andere Arzneimittelrückstände.

●      In Bezug auf das Pflanzenwachstum kann durch die Auswahl geeigneter Standorte und Betriebe Einfluss genommen werden. Wasser für die Weiterverarbeitung sollte aus möglichst reinen Quellen stammen und auf Verunreinigungen getestet werden. Dies unterliegt der Sorgfalt der Hersteller.

 

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