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24.1.2 Melamin als Proteinersatz

Eine andere Variante des bewussten Betrugs ist die Streckung mit Füllmitteln. Bestenfalls werden hierfür die schon erwähnten Trägermaterialien verwendet, sodass die entsprechende Reduktion des Wirk- oder eigentlichen Inhaltsstoffes vollkommen legal ist und mit bestenfalls relativ unschädlichen Materialien erfolgt. In einigen Fällen werden jedoch auch potenziell schädliche Substanzen verwendet, wie das Beispiel Melamin als Streckmittel für Milchprodukte zeigt. Die Verwendung von Melamin zur Maskierung von gestreckten Milchpulvern hat offenbar System, wie wiederholte Funde der Substanz belegen. Nur aufgrund des gehäuften Auftretens schwerer Erkrankungen bei chinesischen Säuglingen flog im Jahr 2008 auf, dass das “Modell” offenbar in großem Maßstab durchgeführt wird: Über 50.000 Säuglinge mussten aufgrund melaminbedingter Steine im Harnwegssystem, Nierenfunktionsstörungen bis hin zum Nierenversagen stationär behandelt werden; mehrere Kinder starben. (674,675) Bei Qualitätskontrollen war der zugesetzte Stoff nicht aufgefallen, da Melamin bei Analysen durch seinen hohen Stickstoffanteil fälschlicherweise für Milchprotein gehalten wurde.

Verstärkte Kontrollen im Jahr 2008 führten in Deutschland ebenfalls zu Funden: in Sojabohnen-Snacks, Backtriebmitteln und Keksen – allesamt mit Herkunft aus China. (676) Mit der Verordnung 2008/757/EG wurde daher unter anderem die Einfuhr von Säuglingsnahrung mit Herkunft oder Ursprung aus der Volksrepublik China verboten sowie ein Höchstgehalt an Melamin von 2,5 mg/kg für zusammengesetzte Lebensmittel aus China festgelegt. (676,677)

Melamin wird großtechnisch als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Kunststoffen sowie speziellen Harzen und Klebstoffen verwendet. Diese Spezialwerkstoffe werden durch Umsetzung des Melamins mit Formaldehyd hergestellt. Sie kommen z. B. in Arbeitsplatten, Farben, Lacken und Flammschutzmitteln vor. (677) Zugelassen ist Melamin außerdem zur Herstellung von Lebensmittelverpackungen. Becher – auch vermeintlich “ökologische” Bambus- Kaffeebecher –, Teller und Kochlöffel werden ebenfalls aus Melamin gefertigt. Melamin besitzt zwar eine eher geringe Toxizität, chronisch schädigt es aber wie erwähnt vor allem die Harnwege. Aus Tierversuchen liegen Hinweise auf krebserregende Wirkungen vor. Beim Menschen gilt es aufgrund mangelnder Daten als nicht einstufbar. Mittlerweile ist bekannt, dass Materialien aus Melamin keinen Temperaturen über 70 °C ausgesetzt werden sollten, da dann vermehrt Melamin und Formaldehyd frei werden können. Es gelten entsprechende Migrationswerte von maximal 2,5 mg Melamin und 15 mg Formaldehyd pro kg Lebensmittel. (678)

Absichtlich hinzugefügtes Melamin als Streckungsmittel kommt nicht nur in Milchpulvern aus China vor. Auch Verunreinigungen von Tierfutter sind seit längerer Zeit bekannt. Daher sind auch Funde in anderen tierischen Produkten wie Eiern wenig verwunderlich. Todesfälle aufgrund von Nierenversagen traten bei Katzen, Hunden und Schweinen auf. (674)

In einer größeren südafrikanischen Studie wurden im Jahr 2015 insgesamt 138 Proteinpulver auf Melamin getestet. Fast die Hälfte der Produkte enthielt durchschnittlich 6031 ng/g – entsprechend 6 mg/kg – Melamin. Die daraufhin erfolgte Untersuchung in Deutschland konnte in 99 verschiedenen Proteinpulvern sowie Nahrungsergänzungsmitteln kein Melamin nachweisen. (674,679)

Für eine Übersicht zu weiteren illegalen Substanzen in Nahrungsergänzungen siehe Kapitel 24.

Illegale Substanzen: Das Wichtigste zusammengefasst

  • In Schlankheitsmitteln, Potenzmitteln oder zum Bodybuilding beworbenen Nahrungsergänzungen wurden teilweise deutliche Mengen unzulässiger und natürlich nicht deklarierter Substanzen festgestellt, welche zum Teil erheblich gesundheitlich bedenkliche Wirkungen besitzen.
  • Immer wieder wird versucht, Produkte auf geschickte Art und Weise mit Füllmitteln zu strecken. In welchem Umfang dies geschieht, ist schwer abschätzbar. Die Vermutung liegt nahe, dass auch hier überwiegend die drastischen Fälle auffallen – wie zum Beispiel beim Melaminskandal von verunreinigtem Milchpulver aus China. Diese in großem Umfang durchgeführte Streckung wurde aufgedeckt, da das hinzugefügte Melamin zu schweren Nierenschädigungen bei Säuglingen führte.

 

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