3.2 Persistierende Substanzen in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungen
3.2.1 PCBs und Chlorparaffine
PCBs sind eine Stoffgruppe mit über 200 Einzelsubstanzen. Sie sind farblose und geruchlose Chemikalien. PCBs kamen vor 1977 in Transformatoren und Kondensatoren häufig zum Einsatz und wurden wegen ihrer wasserabweisenden Eigenschaften in Beschichtungen, Gleitmitteln, Weichmachern und Farben verwendet. Heute ist die PCB-Herstellung verboten, aber in alten Produkten, wie zum Beispiel Elektrogeräten, können sie immer noch vorhanden sein. (101) Die Herstellung dieser industriell erzeugten Substanzen ist heute weitestgehend verboten. Durch ihre extreme Langlebigkeit werden sie aber auch Jahrzehnte später noch nachgewiesen. PCBs reichern sich besonders in fetthaltigen Geweben an. Daher sind heute in besonderem Maße (aber nicht nur) fetter Seefisch, aber auch andere Meeresbewohner und Wildtiere belastet. Auch bei Nutztieren, die belastete Futtermittel aufnehmen, reichern sich die Substanzen im Fettgewebe an, wodurch vor allem tierische Lebensmittel wie Milch, Käse, Eier und Fleisch betroffen sind.
Chlorparaffine gehören ebenfalls zu den persistenten Verbindungen. Ihr Anwendungsspektrum ähnelt in Teilen denen des PCB, weshalb sie vermutlich in vielen Bereichen das längst verbotene PCB ersetzt haben. Mittlerweile sind die kurzkettigen Chlorparaffine zwar ebenfalls in die Stockholmer Übereinstimmung aufgenommen worden – mittel- und langkettige Chlorparaffine sind ebenfalls umstritten und ihre Toxizität wird zurzeit untersucht – jedoch sind sie bis zu einer etwaigen Entscheidung weiterhin in umfangreichem Einsatz. Auch ölige, pflanzliche Lebensmittel wie Speiseöle sind zum Teil mit Chlorparaffinen belastet.
Meeresalgen, Fische und andere Meerestiere sind durch die Belastung der Weltmeere teils stark kontaminiert, aber auch angebautes Obst und Gemüse sowie Wild- und Weidetiere sind durch belastete Böden und Luftverschmutzung betroffen. Schließlich reichern sich die toxischen Substanzen von Spezies zu Spezies an und führen zu hohen Belastungen am Ende der Nahrungskette – wie dem Menschen. Besonders hohe Konzentrationen werden in fleischfressenden Tieren, wie z. B. dem Thunfisch, Raubvögeln und auch dem Menschen, erreicht. POPs akkumulieren vor allem in fettreichem Gewebe. Dabei können sich die giftigen Substanzen bis zu 70.000-fach gegenüber der Umgebungskonzentration (z. B. Meerwasser) anreichern. (2)
In einer norwegischen Studie von Carlsson et al. wurden im Jahr 2016 verschiedene persistierende organische Verbindungen in Heilbutt und Shrimps gemessen. (2) Die Werte für PCB und PFAS lagen alle innerhalb der EU Richtlinien. Für Heilbutt wurden Medianwerte von 4,9 ng/g gemessen und für Shrimps 2,5 ng/g (EU-Grenzwert für PCB in diesen Lebensmitteln: 75 ng/g). (117)
Chiesa et al. untersuchten im Jahr 2016 weltweit den Gehalt an PCBs und PBDEs in Thunfisch. (100) Thunfische als räuberische Fische stehen am Ende der Nahrungskette und sind in vielerlei Hinsicht besonders belastet. Thunfische des Mittelmeers waren mit 1650 ng PCB pro g deutlich belasteter als Fische aus anderen Regionen (bis 36 ng/g). Damit wird der EU-Grenzwert um mehr als das 20-Fache überschritten. Zudem wurden sämtliche untersuchten PBDEs in Thunfischen der Mittelmeerregion gefunden.
Auch am Land lebende Wildtiere sind betroffen. In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass POPs in Wildtieren zu geringeren Gehirngrößen, Neurotoxizität, Verhaltensänderungen, Hormonstörungen, Krebs, Zell- und Gewebeschäden, und Reproduktionsproblemen führen. (100)
Die in verschiedenen Studien in Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere Fischölen, gemessenen Konzentrationen an Dioxinen und PCBs variieren stark. (99) In einigen Studien werden gar keine Kontaminationen gefunden – in den von Melanson et al. analysierten fünf Fischölpräparaten zum Beispiel. (101) In den meisten Studien, die Costa et al. in ihrem Review analysierten, sind jedoch Dioxine und PCBs nachweislich zumindest in einigen Präparaten vorhanden – und sogar Höchstwerte überschritten. (99) Werte bis zu 12,1 Pikogramm PCB pro Gramm wurden festgestellt. Der Höchstwert beträgt jedoch für Fischöl 6 pg/g. (112)
Eine Erklärung dieser Varianzen ist auf der Seite der Verbraucherzentrale zu finden. (118) Hier ist zu lesen, dass durch technische Verfahren einige Schadstoffe aus Fischölen entfernt werden können. Seit mehr als 10 Jahren enthalten viele Fischölpräparate deshalb gereinigte, standardisierte Konzentrate. Seitdem finden sich nur noch selten stark belastete Produkte – und das, obwohl in der östlichen Ostsee die Belastung fettreicher Fische, wie Lachs und Hering, durch jahrelangen Eintrag über Abwässer zum Teil hoch ist. Auch in Bezug auf den PAK-Gehalt schneiden Fischölprodukte relativ gut ab. Die Verbraucherzentrale führt dies darauf zurück, dass diese Produkte in den letzten Jahren verstärkt kontrolliert wurden. Schon im Jahr 2012 wurde von Öko-Test lediglich eines von 21 untersuchten Omega-3-Produkten positiv auf PAK getestet. (118) Es stellt sich jedoch die Frage wie genau und mit welchen Prozessrückständen und Auswirkung auf die Qualität die Aufreinigung der Fischöle geschieht.
Wir bevorzugen aus mehreren Gründen ausschließlich die veganen, hochreinen Omega 3 Präparate aus gezüchteten Algen: Ethik, Reinheit, und speziell erreichbare EPA / DHA Verhältnisse.
Chlorparaffine in fetthaltigen Nahrungs(ergänzungs)mitteln
Die nur zum Teil regulierte Stoffgruppe der Chlorparaffine findet sich ebenfalls in Lebensmitteln wie Speiseölen und fetthaltigen Nahrungsergänzungsmitteln, wie etwa auch in Vitamin-E-Produkten, wieder. Eine deutsche Forschergruppe untersuchte im Jahr 2019 14 Vitamin-E-Produkte. (119) Acht Proben enthielten Chlorparaffine nur in Spuren, die anderen sechs jedoch wiesen beachtliche Mengen der teilweise verbotenen Substanzen auf. Auffällig erschien den Forschern, dass alle sechs positiven Proben Palmöl enthielten, welches auch als Lebensmittel häufig belastet ist – jedoch in deutlich geringerem Ausmaß. Es wird daher vermutet, dass die Maschinen zur Palmölpressung mit Chlorparaffinen kontaminiert sind. Es könnte zum Beispiel über Schmierstoffe in das Rohmaterial gelangen. Durch die Anreicherung des fettlöslichen Vitamins werden sehr wahrscheinlich die Chlorparaffine mit aufkonzentriert, was den extrem hohen Schadstoffgehalt der Produkte erklärt. Untersuchungen auf Chlorparaffine sind leider relativ rar, weshalb unklar ist, in welchem Ausmaß andere Produkte betroffen sind. Aufgrund der weitverbreiteten Anwendung der Substanzen, kann jedoch angenommen werden, dass Vitamin E hier keinen Einzelfall darstellt. Andere Quellen konnten Chlorparaffine bereits in Hausstaub und Muttermilch nachweisen. (120)
Mehr Informationen über persistierende organische Substanzen im Allgemeinen finden sie in Kapitel 3.