15.1 Die wichtigsten Konservierungsmittel
15.1.1 Benzoate und Sorbate
Benzoate und Sorbate werden vielfach in der Lebensmittelproduktion, in Medikamenten und günstigen Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt, um sie vor mikrobiellem oder enzymatischem Verderb zu schützen. Kaliumbenzoat, Natriumbenzoat, Kaliumsorbat und Natriumsorbat sowie Benzoesäure und Sorbinsäure zählen zu den am meisten verwendeten synthetischen Konservierungsmitteln. Über die Ernährung, Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel werden sie direkt in den Körper aufgenommen. Verschiedene Untersuchungsergebnisse zeigen einige negative Auswirkungen auf die Gesundheit durch Benzoat- oder Sorbat-haltige Produkte. So konnten in Studien zytotoxische und genotoxische Wirkungen der Konservierungsmittel nachgewiesen werden sowie eine erhöhte Entzündungsreaktion und erhöhter oxidativer Stress der Zellen. Ebenfalls wurde von einer hemmenden Wirkung auf Teile der Immunantwort berichtet und von Wechselwirkungen auf Blutplasma-Proteine. In Produkten, welche zugleich Eisensalze und Ascorbinsäure enthalten, wurden toxische Wirkungen nachgewiesen.
Aufgrund dieser Ergebnisse wird empfohlen, die Verwendung von Benzoaten und Sorbaten in Lebensmitteln, Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln deutlich zu reduzieren. Erstrebenswert wäre es, auf diese bedenklichen Zusatzstoffe völlig verzichten zu können. Schwangeren wird empfohlen, Benzoat- oder Sorbat-haltige Produkte möglichst vollständig zu meiden.
Interaktionen mit Blutplasma-Proteinen
In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass sich die Struktur vieler Proteine wie dem Blutplasma-Protein Albumin aufgrund der Bindung an kleine Moleküle verändert. Die Moleküle beeinträchtigen so die Funktion der Proteine. In den durchgeführten Studien wurde nachgewiesen, dass Natriumbenzoat und Kaliumsorbat über eine elektrostatische Bindung eine Komplexbildung mit dem Blutplasma-Protein Albumin eingehen können. Hierdurch wird die räumliche Struktur des Proteins verändert.
Albumine sind die am häufigsten vorkommenden Proteine im Blutkreislauf. Sie übernehmen wichtige Funktionen beim Transport und der Verteilung einer Vielzahl an körpereigenen und körperfremden Stoffen sowie bei der Ausscheidung unerwünschter Substanzen aus dem Körper. Eine Interaktion von Zusatzstoffen mit Albumin kann so die Absorption, Verteilung, Verstoffwechselung, Ausscheidung und Toxizität vieler Substanzen erheblich beeinflussen. Langfristig betrachtet können durch die verminderte Ausscheidung toxischer Substanzen gesundheitliche Schädigungen auftreten oder/und ernährungsbedingte Mangelzustände entstehen und sich ausweiten. Beides zusammengenommen hat erhebliche Effekte auf die Gesundheit. Wie in einigen Studien bereits nachgewiesen werden konnte, können die Auswirkungen dieser Konservierungsstoffe mit Krankheiten wie Adipositas und Diabetes sowie der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht werden. (25,406)
Schädigung der Erbsubstanz
Blutlymphozyten sind besonders empfindliche Indikatoren für in vitro und in vivo induzierte Chromosomenveränderungen. (407) In mehreren Zellstudien an extrahierten menschlichen Blutlymphozyten wurden die Auswirkungen von Kaliumbenzoat, Natriumbenzoat, Kaliumsorbat und Natriumsorbat untersucht. In allen Untersuchungen wurden bei allen verwendeten Konzentrationen der Konservierungsstoffe sechs Arten von Chromosomenveränderungen und -schäden festgestellt. Die Schädigung der DNA nahm mit der Konzentration und Dauer der Einwirkung zu. Die in den Studien verwendete höchste Dosis war vergleichbar mit der Menge, die in Lebensmitteln zugesetzt werden darf und potenziell aufgenommen werden kann. (406–410)
Alle Konservierungsstoffe hatten mehrere schädliche Auswirkungen auf die Chromosomen. Über verschiedene direkte oder indirekte Interaktionen wurden in den Chromosomen der Blutlymphozyten genetische Schäden verursacht. Diese führen zu Anomalien in der DNA, die letztendlich gravierende gesundheitliche Auswirkungen haben können. Die Art der festgestellten Chromosomenveränderungen geht mit einem erhöhten Krebsrisiko einher. So konnte in diesen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass Kaliumbenzoat, Natriumbenzoat, Kaliumsorbat und Natriumsorbat auch bereits in geringen Mengen, wie sie in vielen Lebensmitteln, Medikamenten und auch Nahrungsergänzungsmitteln zu finden sind, genotoxisch und mutagen auf menschliche Blutlymphozyten wirken. (406,408–410) Es wird daher von verschiedenen Wissenschaftlern gefordert, dass Verbraucher auf diese gesundheitsschädlichen Wirkungen aufmerksam gemacht werden. Zugleich sollte die Verwendung dieser Konservierungsmittel deutlich eingeschränkt werden, da sie in sehr vielen verarbeiteten und haltbaren Lebensmitteln und Getränken eingesetzt werden und so bereits signifikante Mengen in den Körper aufgenommen werden. (407)
Hemmung des Immunsystems
Das Immunsystem setzt sich aus einem komplexen Netzwerk von Zellen und Botenstoffen zusammen, die eine erfolgreiche Abwehr gegen eindringende Krankheitserreger und andere schädliche Substanzen gewährleisten. Die adaptiven Immunantworten beruhen hauptsächlich auf den sogenannten T-Zellen, Makrophagen und B-Zellen, deren Feinregulation und Aktivität über verschiedene Botenstoffe gesteuert werden. Bei Kontakt mit körperfremden Stoffen werden diese von Zellen freigesetzt und so die Immunreaktion aktiviert. Einige dieser Botenstoffe werden als Entzündungswerte im Blut bestimmt, wodurch die Reaktion des Immunsystems nachgewiesen werden kann. (25,26)
In einer Zellstudie, die an menschlichen Blutzellen durchgeführt wurde, konnte nachgewiesen werden, dass Sorbinsäure als Bestandteil von Sorbaten biochemische Signalwege der Immunantwort unterdrückt. In der Untersuchung wurde zunächst an den Blutzellen eine Immunantwort stimuliert. Nach der Zugabe von Sorbinsäure in unterschiedlich hohen Konzentrationen wurden bestimmte Parameter kontrolliert, welche die Immunantwort kennzeichnen. Es wurde festgestellt, dass Sorbinsäure verschiedene Stufen der Immunantwort dosisabhängig signifikant unterdrückt. Sorbinsäure hemmt die Freisetzung der Botenstoffe, welche die T-Zellen zur aktiven Immunantwort aktivieren sollten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die bei der Studie verwendeten Konzentrationen an Sorbinsäure durch den Verzehr Sorbat- oder Sorbinsäure-haltiger Lebensmittel, Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel erreicht werden können. Da Sorbinsäure und Sorbate direkt über den Darm ins Blut resorbiert werden, können sie dort ihr schädliches Potenzial entfalten und das Immunsystem beeinträchtigen. (25,26)
Toxische Wirkungen in Verbindung mit Ascorbinsäure
In einigen Untersuchungen wurden synergistische Effekte bei der schädlichen Wirkung von Benzoaten und Sorbaten in Verbindung mit Ascorbinsäure nachgewiesen. Dies sollte als besonders kritisch angesehen werden, da sowohl Sorbate und Benzoate als auch Ascorbinsäure in vielen Lebensmitteln und Medikamenten gemeinsam eingesetzt werden. Hierbei können schädliche und für den menschlichen Körper toxische Reaktionsprodukte entstehen.
Hodendysfunktionen durch Natriumbenzoat in Verbindung mit Ascorbinsäure
In einer Tierstudie konnte nachgewiesen werden, dass die Konservierungsstoffe Natriumbenzoat und Ascorbinsäure gemeinsam die Hodenfunktionen sowie die Spermienqualität signifikant beeinträchtigten. Den Versuchstieren wurde teilweise nur Natriumbenzoat oder Natriumbenzoat in Kombination mit Ascorbinsäure für mehrere Tage verabreicht. In beiden Gruppen konnten negative Auswirkungen festgestellt werden, wobei diese in der zweiten Gruppe deutlich stärker auftraten. Es wurden Gewebeveränderungen an den Hoden und hormonelle Dysfunktionen festgestellt. Zudem war die Spermienanzahl sowie deren Lebensfähigkeit signifikant reduziert im Vergleich zu den Kontrolltieren, die nur Ascorbinsäure erhalten hatten. Tiere, welche Natriumbenzoat und Ascorbinsäure gemeinsam erhalten hatten, wiesen deutlich schlechtere Ergebnisse bei der Hodenfunktion und Spermienqualität auf. Die beeinträchtigte Hodenfunktion hatte zudem negative Auswirkungen auf das gesamte Hormonsystem der Versuchstiere. Es konnte anhand dieser Studie nachgewiesen werden, dass Natriumbenzoat alleine und in Kombination mit Ascorbinsäure schädliche Effekte auf die männlichen Fortpflanzungsorgane hat. (411) Diese Ergebnisse sollten äußerst kritisch betrachtet werden, da die negativen Auswirkungen auf die männlichen Fortpflanzungsorgane ebenfalls auf die weiblichen Fortpflanzungsorgane zutreffen könnten. Zudem kann dies negative Folgen für die Nachkommen haben. Um die genauen Wirkmechanismen herauszufinden und die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus abschätzen zu können, ist jedoch weitere Forschung notwendig.
Schädigung der DNA durch Kaliumsorbat in Verbindung mit Ascorbinsäure und Eisensalzen
Sorbate sind in Lebensmitteln, aber auch in Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln häufig in Verbindung mit Ascorbinsäure und Eisensalzen zu finden. Es ist vielfach bekannt, dass Zusatzstoffe oder deren Reaktionsprodukte aus dem Verarbeitungsprozess mit anderen Zusatzstoffen oder Inhaltsstoffen der Produkte potenziell schädliche Substanzen bilden können. In einer Zellstudie konnte die toxische Wirkung von Kaliumsorbat in Verbindung mit Ascorbinsäure und verschiedenen Eisensalzen nachgewiesen werden. In der durchgeführten Studie wird beschrieben, dass das Reaktionsprodukt Wasserstoffperoxid aus Ascorbinsäure und den Eisensalzen eine stark oxidative Wirkung auf Kaliumsorbat ausübt. Hieraus entstehen toxische Verbindungen, welche DNA-Schäden verursachen können. Die toxische Wirkung wurde mit zunehmender Reaktionszeit stärker. Es kann demnach angenommen werden, dass das toxische Potenzial dieser Stoffe während der Verarbeitung, Lagerung und Zubereitung oder Einnahme der Produkte zunimmt. Daher sehen die Forscher es als dringend notwendig an, die Sicherheit von Zusatzstoffen auch in Verbindung mit anderen Zusatzstoffen und den daraus entstehenden Reaktionsprodukten sowie ihren Verarbeitungsbedingungen zu untersuchen. (406,412)
Beeinträchtigung des Darmmikrobioms und der Immunregulation
Benzoate und Sorbate werden aufgrund ihrer antimikrobiellen Wirkungen in Lebensmitteln, Getränken, Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt, um sie vor mikrobiellem Verderb zu schützen. Daher ist es allerdings naheliegend, dass sie auch auf das menschliche Darmmikrobiom schädliche Auswirkungen haben können. Diese Wirkung konnte auch bereits in einigen Studien bestätigt werden. (27,406,413) Dabei waren die anfälligsten Bakterienstämme die Bacteroidetes-, Clostridien- und Lactobacillus-Arten, welche wichtig für eine gesunde Darmflora sind. Eine signifikante Abnahme dieser Bakterienarten hat massive Auswirkungen auf das Darmmikrobiom und damit auch auf die Funktionen des Immunsystems. Die Ernährung ist hierbei der wichtigste Einflussfaktor und die heutzutage viel verzehrten, verarbeiteten und haltbar gemachten Lebensmittel enthalten meist eine Vielzahl an Konservierungsmitteln. So ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die ständige Aufnahme auch geringer Mengen an verschiedenen Konservierungsmitteln, wie Benzoaten und Sorbaten, das Darmmikrobiom dauerhaft schädigen und so die Entstehung von Allergien und autoimmunen Erkrankungen nachhaltig begünstigen können. Die in der Untersuchung durchgeführte Schätzung der aufgenommenen Menge an Konservierungsmitteln entspricht der Menge, die für die festgestellte Hemmung der Bakterienarten des Darmmikrobioms im Zellversuch ausreichend war. Ebenfalls wurde festgestellt, dass eine Kombination mehrerer Konservierungsmittel eine deutlich stärkere Wirkung auf das Darmmikrobiom ausübt als Einzelsubstanzen. Vor allem die Kombination aus Benzoaten, Sorbaten und Nitriten zeigte eine stark hemmende Wirkung auf das Darmmikrobiom. Diese Konservierungsmittel gehören zu den am häufigsten verwendeten und werden oftmals in Kombination eingesetzt. (27)
Darüber hinaus kann eine durch Sorbate und Benzoate herbeigeführte Veränderung des Darmmikrobioms weitere nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit ausüben, da das Darmmikrobiom eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Immunsystems und vieler weiterer physiologischer Prozesse spielt. Es konnte in Tierstudien bereits bestätigt werden, dass Kaliumsorbat zu einer Fehlregulation des Immunsystems führen kann. Das Darmmikrobiom wurde durch die Aufnahme von Kaliumsorbat so verändert, dass wichtige Funktionen der Immunantwort gehemmt waren. So wird die notwendige Reaktion des Körpers auf Krankheitserreger und entstehende Entzündungen unterdrückt. Aus diesen Erkenntnissen kann geschlossen werden, dass Konservierungsmittel, vor allem in Kombination, dauerhaft Fehlregulationen des Immunsystems fördern und die Gesundheit dadurch negativ beeinträchtigen können. (27,413) Die kontinuierliche Aufnahme auch geringer Mengen von Benzoaten und Sorbaten sollte demnach als besonders problematisch betrachtet werden. Vor allem bei empfindlichen Personengruppen, die bereits an autoimmunen Erkrankungen oder Erkrankungen des Darms leiden, und auch Kindern, bei denen sich ein gesundes Darmmikrobiom erst entwickeln muss, sollte die Aufnahme dieser Konservierungsstoffe möglichst vermieden werden.
Für eine Übersicht der eingesetzten Konservierungsmittel siehe Kapitel 15.