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26.1.5 Formaldehyd

Formaldehyd wird insbesondere zur Sterilisation von Lebensmittel- und Getreidelagern sowie Frachtcontainern eingesetzt. In Bezug auf Formaldehyd ist auch die Freisetzung aus Holzmaterialien, in erster Linie aus Transportpaletten, eine besonders zu berücksichtigende Problematik. (45) Außerdem wird Formaldehyd zur Sterilisierung von Hühnerställen vor dem Neubesatz und zur Sterilisierung von Bruteiern eingesetzt. (795,796)

Unabhängig von Begasungen und der Freisetzung aus Holzmaterialien können Formaldehydkontaminationen in Lebensmitteln aber auch diverse andere Quellen haben:

  • Formaldehyd wird als einfachstes aliphatisches Aldehyd natürlicherweise im Stoffwechsel von Pflanzen, Tieren und Menschen als Zwischenprodukt gebildet und entsteht beim Abbau von verholzten Pflanzenteilen. So sollen Früchte, Seefisch und Pilze im Vergleich höhere Formaldehydkonzentrationen aufweisen, welche bis zu 60 respektive 98 beziehungsweise 450 mg/kg (0,045 %) in Shiitakepilzen betragen können. (797)
  • Bei der Herstellung von Lebensmittelzusatzstoffen wie Carrageen (Kapitel 23.1.1) kann Formaldehyd als Konservierungsmittel eingesetzt werden. (798) In Lebensmittelzusatzstoffen dürfen daher Rückstände von bis zu 50 mg/kg Restformaldehyd enthalten sein. (799)
  • Es kann ein Übergang aus Lebensmittelkontaktmaterialien wie Melamin stattfinden (Kapitel 25.1.2).

Nachdem Formaldehyd bislang in der EU als „kann vermutlich Krebs erzeugen“ (Kategorie 2 gemäß CLP-Verordnung) eingestuft war, wurde es im Juni 2014 durch die EU aufgrund neuer Erkenntnisse als „kann Krebs erzeugen“ (Kategorie 1 B gemäß CLP-Verordnung) klassifiziert.

Basis der Klassifizierung waren Versuche an Ratten, welche bei wiederholter Einatmung hoher Konzentrationen des Stoffes im Laufe ihres Lebens Tumoren in der Nasenhöhle entwickelten. Einige wissenschaftliche Studien, die die Auswirkungen von hohen Formaldehyd-Belastungen am Arbeitsplatz untersucht haben, fanden bei den exponierten Personen im Lebensverlauf mehr Fälle von Krebs in der Nasenhöhle und im Nasenrachenraum als ohne Formaldehyd-Exposition. Andere Untersuchungen an Arbeitnehmern wiederum konnten diese Befunde nicht bestätigen, weshalb keine Einstufung in die höchste Kategorie 1 A – Stoffe, die bekanntermaßen beim Mensch krebserzeugend sind – erfolgte. (698)

Neben der genannten Wirkung auf die Schleimhäute beim Einatmen können höhere Formaldehydkonzentrationen in der Raumluft auf die Augen reizend wirken. Ob durch Formaldehyd Asthmaerkrankungen ausgelöst oder verstärkt werden können, ist bislang ungeklärt. (698)

Das BfR hat für Formaldehyd einen TDI (= tolerierbare tägliche Aufnahme) von 0,6 mg pro kg Körpergewicht abgeleitet, was bei einem 70 Kilogramm schweren Menschen einer Tagesdosis von 42 mg entspricht. (697) Zusätzlich zum TDI gilt eine maximal duldbare Formaldehyd-Konzentration eines Nahrungsmittels von 10,4 mg/l.

Neben der Aufnahme über Lebensmittel gibt es andere, zum Teil weitaus bedeutendere Hauptquellen für die Exposition mit Formaldehyd. Eine Vielzahl von Produkten, die Formaldehyd enthalten, geben dieses an die Raumluft ab. Trotz Verbesserungen bei den Produkten in den letzten Jahrzehnten gelten Holzwerkstoffe, Bodenbeläge, Möbel und bestimmte Dämmstoffe wie Harnstoff/Urea-Formaldehyd-Ortschäume weiterhin als Hauptquellen. In Tabakrauch ist Formaldehyd in vergleichsweise großer Menge enthalten und selbst brennende Kerzen können eine Eintragsquelle für Formaldehyd in die Raumluft darstellen. Formaldehyd kann darüber hinaus in Desinfektionsmitteln, Kosmetikartikeln und Textilien enthalten sein.

Für den Schutz der Gesundheit der Allgemeinbevölkerung ist es das Ziel, die Formaldehydkonzentration in der Raumluft so gering wie möglich zu halten. Auf nationaler Ebene erarbeitet der von den Bundesländern und dem Umweltbundesamt eingesetzte Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) Empfehlungen für Höchstwerte von Stoffen in Innenräumen. Für Formaldehyd gibt es seit 2016 einen Richtwert von 100 µg/m3. Das entspricht der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Der Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB) hat bereits seit vielen Jahren Begrenzungen für die Ausgasung von Stoffen aus Bauprodukten in den Innenraum definiert und regelmäßig aktualisiert. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat entsprechende Prüfungen für die Zulassung von Bodenbelägen, Verlegeunterlagen, Parkettlacken, Oberflächenbeschichtungen für Bodenbeläge, Klebstoffen und Wandbelägen vorgeschrieben, in denen auch die Ausgasung von Formaldehyd betrachtet wird.

In Deutschland regelt die Chemikalien-Verbotsverordnung, dass beschichtete und unbeschichtete Holzwerkstoffe (Spanplatten, Tischlerplatten, Furnierplatten und Faserplatten) vor Inverkehrbringen geprüft werden müssen. Dabei gilt, dass die durch den Holzwerkstoff verursachte Konzentration des Formaldehyds in der Luft eines Prüfraums 0,1 ml/m3 nicht überschreiten soll. In Deutschland und der EU hergestellte und verkaufte Möbel halten diese Emissionsbedingungen – erkennbar an der Bezeichnung „emissionsarm E 1“ – im Allgemeinen ein.

In der Chemikalien-Verbotsverordnung ist auch festgelegt, dass Wasch-, Reinigungs- und Pflegemittel mit einem Massengehalt von mehr als 0,2 % Formaldehyd nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. (698) Für einen Gehalt von 0,1 % gilt immerhin ein besonderes Kennzeichungsgebot. Für Textilien gilt dieses Gebot ab einem Wert von 0,15 %, für Kosmetikartikel ab einem Wert von 0,05 %. (800)

Für eine Übersicht zu Bestrahlung und Begasung während Transport und Lagerung von Nahrungs(ergänzungs)mitteln siehe Kapitel 26.

Begasung und Bestrahlung während Lagerung und Transport:
Das Wichtigste zusammengefasst

  • Ein gängiges Verfahren zum Schutz vor Insekten und mikrobieller Belastung ist die Begasung von Rohwaren selbst, aber auch abgepackter Waren. Sehr häufig findet dies in Containern auf Hochseeschiffen mit zum Teil stark toxischen Substanzen statt. Üblich ist dieses Verfahren auch zur Lagerung von Getreide und Ölsaaten.
  • Circa 10 bis 20 % der Importcontainer an großen europäischen Häfen sind mit bedenklichen und über den Arbeitsplatzgrenzwerten liegenden Luftschadstoffkonzentrationen belastet.
  • Das Begasungsmittel und Pestizid Ethylenoxid wird als krebserregender Stoff eingestuft. In Europa ist die Anwendung für Lebensmittel zwar verboten, aber importierte Produkte können belastet sein. Zudem ist Ethylenoxid auch in Europa zur Sterilisation von Medizinprodukten erlaubt. In Leerkapseln für Nahrungsergänzungsmittel kann Ethylenoxid ebenfalls nachgewiesen werden.
  • Das Verbot einiger Insektizide hat zu einer immensen Zunahme der Begasungen mit den toxischen Stoffen Phosphorwasserstoff und Sulfurylfluorid geführt. Schwere Vergiftungen bis hin zu Todesfällen sind vor allem bei Hafenarbeitern bekannt. Sulfurylfluorid ist zudem ein extrem schädliches Klimagas.
  • Formaldehyd wird vor allem zur Desinfektion von Leercontainern sowie Lagerräumlichkeiten verwendet und kann hierüber als Rückstand auf Waren übergreifen. Als bedeutenderer Eintragspfad für den Menschen stellt sich jedoch die Ausgasung aus Baumaterialien, Fußbodenbelägen und Möbeln dar. Auch Paletten und Holzmaterialien zum Lebensmitteltransport können belastet sein.
  • Die zur Begasung eingesetzten Stoffe sind zwar extrem flüchtig und in der EU mit zulässigen Rückstandshöchstwerten versehen; jedoch ist es besser, auf ökologisch erzeugte Produkte zurückzugreifen, für die dieses Verfahren nicht zugelassen ist.
  • Die radioaktive Bestrahlung von Lebensmitteln ist in Deutschland relativ selten und nur für getrocknete Kräuter und Gewürze erlaubt. Darüber hinaus ist sie deklarierungspflichtig. Es ist bekannt, dass die Bestrahlung von Lebensmitteln zu möglicherweise gesundheitsschädlichen Stoffen führt, darunter 2-Alkylcyclobutanone, die durch kein anderes bekanntes Verfahren erzeugt werden. Sehr vereinzelt werden in Deutschland unerlaubt bestrahlte Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel entdeckt.

 

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