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8. Mikrobielle Belastungen: Bakterien, Viren, Pilze

Unbehandelte pflanzliche Lebensmittel können mit Bakterien (Kapitel 8.3), Viren (Kapitel 8.2) oder Schimmelpilzen (Kapitel 8.1) kontaminiert sein, die beim Menschen eine Infektion oder Intoxikation auslösen können. Obgleich jeder erkranken kann, fallen die Symptome bei kleinen Kindern, bei älteren und geschwächten Personen oft deutlich schwerwiegender aus. (253) Je nach Erreger und Widerstandskraft der betroffenen Person kann es zu mehr oder weniger stark ausgeprägten Durchfällen und Bauchkrämpfen kommen. Übelkeit, Erbrechen und Fieber gehören ebenfalls zu den typischen Symptomen.

Ausnahmen bilden die Hepatitis-Viren, welche zu einer Entzündung der Leber führen sowie eine bestimmte Unterform der pathogenen E. coli: EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli), welche das hämolytisch urämische Syndrom (HUS) auslösen können. Insbesondere diese Erreger können zu schweren Komplikationen wie Leber- (Hepatitis-A-Virus) respektive Nierenversagen (EHEC) führen.

Norovirus-Infektionen (Kapitel 8.2) sind die häufigste Ursache für Magen-Darm-Erkrankungen und übersteigen auch die Anzahl bakterieller Infektionen deutlich. (253,254) Dies liegt zum einen an der hohen Infektiosität (eine geringe Zahl an Viren reicht aus, um sich zu infizieren) als auch daran, dass die Ausbreitung des Virus sehr einfach über Gegenstände oder von Mensch zu Mensch geschieht. Unter den Nahrungsmitteln sind daher nicht ausreichend gewaschene Rohkost oder andere nicht durcherhitzte Lebensmittel ein Hauptverbreitungsgrund. Belastungen getrockneter Produkte, wie Kräutertees, Nahrungsergänzungsmittel und Superfoods, scheinen eher eine untergeordnete Rolle zu spielen. Kräutertees sollten zur Sicherheit jedoch immer mit kochendem Wasser übergossen werden. „Echter“ Tee aus Camellia sinensis zeigt hingegen durch den niedrigen Wassergehalt und der Behandlung mit Wasserdampf oder anderweitiger Erhitzung bei der Herstellung keine bzw. kaum relevante uns bekannte pathogene Belastungen.

Von besonderer Bedeutung sind Zoonoseerreger, also Erreger, die eigentlich bei Tieren vorkommen, aber grundsätzlich auf den Menschen übertragbar sind. Hierzu zählt eine ganze Reihe bakterieller Erreger (Kapitel 8.3). Die häufigsten sind Salmonella spp., pathogene E. coli und Campylobacter spp., wobei letztere bei getrockneten, pflanzlichen Produkten kaum eine Rolle spielen. Am häufigsten betroffen sind tierische Lebensmittel, allen voran Ei und Geflügelfleisch. (254) Pflanzliche Lebensmittel sind im Allgemeinen seltener mit pathogenen Keimen belastet. Bei den getrockneten, pflanzlichen Produkten sind Kontaminationen vor allem mit Salmonellen, E. coli und Bacillus cereus, einem sporenbildenden Bakterium relevant. Alle genannten Erreger kommen besonders häufig in der Umwelt vor und gelangen meist über den Boden, organischen Dünger oder verunreinigtes Wasser in und auf die Pflanzen. Insbesondere E. coli und Salmonellen können auf mangelnde hygienische Verarbeitungsbedingungen hinweisen oder aber auf die Verwendung von Exkrementen als Dünger zurückzuführen sein. Als weitere Eintragsquellen werden kontaminiertes Saatgut, Wildtiere, (Ernte-)Werkzeuge und Verarbeitungsmaschinen bzw. Kontaktflächen, Aufbewahrungsbehälter, Verpackungsmaterialien sowie (Ernte-) Arbeiter genannt. (253–256)

Bakterien können auch Substanzen bilden, die oftmals nicht direkt als Toxin eingeordnet werden, aber dennoch starke Unverträglichkeitsreaktionen auslösen können. Hierzu gehört zum Beispiel Histamin (Kapitel 8.4), auf welches einige Menschen z. B. mit allergischen Reaktionen, Herzrasen oder Benommenheit reagieren. Andere sogenannte biogene Amine kommen z. B. in proteinreichen oder fermentierten Produkten wie Käse, Wurst oder Meeresfrüchten vor und können durchaus gesundheitsschädliche Wirkungen entfalten. Zu den bei Fermentationsprozessen entstehenden und möglicherweise krebserregenden Verbindungen gehört auch das Ethylcarbamat (Kapitel 8.4). Dieses wurde bislang in größerem Maß jedoch nur in alkoholischen Genussmitteln wie Obstbränden nachgewiesen.

Oftmals gesondert betrachtet werden Belastungen mit Schimmelpilzen. Auch diese kommen, aufgrund ihres weit verbreiteten Vorkommens und der gegenüber verschiedenen Umweltbedingungen sehr resistenten Sporen, häufiger in getrockneten, pflanzlichen Produkten vor. Einige Schimmelpilze bilden zudem äußerst gesundheitsbeeinträchtigende Toxine. Die Mykotoxine werden aufgrund ihrer enormen Bedeutung daher in einem gesonderten Abschnitt behandelt (siehe Kapitel 9).

Bei den Nahrungsergänzungsmitteln, Superfoods und (unbehandelten) Kräutertees handelt es sich vor allem um die sogenannten Gras- und Blattprodukte, welche bakteriell belastet sein können. Überwiegend werden diese Produkte in getrockneter Form angeboten. Anders als man vielleicht vermuten könnte, überleben jedoch einige Bakterien-Spezies den Trocknungsprozess. Sie können sich zwar während der trockenen Lagerung nicht vermehren, sobald sie jedoch mit Wasser in Berührung kommen – z. B. als Zutat im Smoothie, als Kräutertee, in sonstigen Speisen und Getränken oder spätestens im menschlichen Magen-Darm-Trakt – erlangen sie ihre Vermehrungsfähigkeit zurück. Insbesondere, wenn das zubereitete Produkt vor dem Verzehr längere Zeit bei Raumtemperatur stehen bleibt, können sich die meisten Bakterien leicht vermehren. Mit Ausnahme der Campylobacter spp. verdoppelt sich die Keimzahl der meisten Bakterien in weniger als einer Stunde bei 25 °C und neutralem pH-Wert. (255) Entsprechende Produktanalysen zeigen, dass Verunreinigungen mit Salmonellen, pathogenen E. coli und Bacillus cereus gelegentlich vorkommen können (s. u.).

Tabelle: Mögliche mikrobielle Kontaminationen in (pflanzlichen) Lebensmitteln

Erreger

Besonderheiten

Lebensmittel

NEM, Superfoods, Tees

Schimmelpilze (Aspergillus, Penicillium, Alternaria spp.)

resistente Sporen

weit verbreitet

sehr häufig nachweisbar, bei richtiger Lagerung jedoch seltene Überschreitung von Grenzwerten

Hefen

 

vor allem in zuckerhaltigen Produkten, wie Obst oder Trockenobst

sehr selten in getrockneten Blattprodukten

Noroviren

 

rasante Verbreitung von Mensch zu Mensch

Beeren, v. a. Tiefkühlbeeren, Salat, Sprossen, Tomaten, Karotten

selten in getrockneten Produkten

Hepatitis-A-

Virus

 

Muscheln, Austern sowie Obst und Gemüse

 

Salmonellen

oft in organischem Dünger

häufig in tierischen Lebensmitteln, wie Ei und Eiprodukten sowie Fleisch und Fisch (vor allem Geflügel),

rohem Blattgemüse (Salat), Melonen, Tomaten, Himbeeren, Sprossen, Nüssen, Gewürzen und getrockneten Kräutern

getrocknete Kräuter (Betelblätter), Rooibostee (wird mittlerweile jedoch immer durch Hitze beim Hersteller sterilisiert), NEM

Bacillus cereus

ubiquitär im Boden, Übertragung von Sporen über Staub, Luft und Wasser

häufig in Gewürzen, getrockneten Kräuter

auch häufiger in Tees, Smoothiepulver, Moringapulver, Gerstengraspulver, Spirulina

Campylobacter spp.

ubiquitär

häufig in tierischen Lebensmitteln, wie Ei und Eiprodukten sowie Fleisch und Fisch (vor allem Geflügel)

selten in pflanzlichen und vor allem getrockneten Produkten

pathogene E.coli (VTEC/STEC, EHEC)

Ackerböden, Wasser, Hygienemängel beim

Erzeuger

Melonen, Salat, Sprossen, Schoten, Hülsenfrüchte und Körner

Grasprodukte: Weizen- und Gerstengraspulver, Weizen-, Roggen- und Dinkelmehl, Smoothiepulver

Listerien

grüner Tee und ätherische Öle aus vielen Kräutern hemmen das Wachstum von Listerien

Käse, Fisch, Melonen

selten

Shigellen

 

Salat, frische Kräuter, frische Schoten, Hülsenfrüchte und Körner, Karotten

selten

Quellen: (253–255,257)

Geeignete Maßnahmen zur Verringerung der Keimzahl

Da Pflanzen natürlicherweise mit Mikroorganismen besiedelt sind, ist eine vollkommene Keimfreiheit pflanzlicher Produkte nicht zu erreichen, bzw. auch zum Erhalt der Nährstoffe und Enzyme nicht sinnvoll. Entsprechend der normalen Verteilung von Mikroorganismen auf Pflanzen (meist 2:1 – Bakterien zu Pilzen) finden sich diese auch in pflanzlichen Produkten wieder. (258) Zudem sind nicht alle Mikroorganismen für den Menschen gesundheitsgefährdend; bestimmte E. coli beispielsweise gehören zur Darmflora des Menschen.

Einige Erreger jedoch lösen schwere Magen-Darm-Infekte aus oder führen zu unterschiedlichsten Vergiftungssymptomen durch die toxischen Substanzen, die sie bilden. Solche pathogenen Erreger können durch verschiedene Pfade eingetragen werden: Neben den Anbaubedingungen – Bodenbelastung, Wasser und vor allem organischer Dünger – sind hierfür vor allem die Weiterverarbeitung, Lagerung und der Transport entscheidend. Unhygienische Arbeitsbedingungen und falsche Lagerung können dann rasch zur Vermehrung der Erreger führen.

Im Falle von (Kräuter-)Tees, Superfoods und Nahrungsergänzungen umfasst die Weiterverarbeitung nach der Ernte meist einen Trocknungsprozess. Läuft dieser optimal ab, so verringert dies automatisch das Wachstum vieler Bakterien, Viren und Pilze. Dies belegen auch Untersuchungen, die in der Regel geringere Belastungen in getrockneten Pflanzenprodukten wiederfinden als in frischen Nahrungsmitteln. Mikroorganismen, die dennoch und vor allem unter diesen Bedingungen überdauern können, sind meist Sporenbildner. Hierzu gehören das Bakterium Bacillus cereus, bestimmte Hefe- sowie Schimmelpilze. Entsprechend werden diese in getrockneten Blatt- und Grasprodukten, Kräutern, Gewürzen und eben auch (Kräuter-)Tees, (zu Pulver verarbeiteten) Superfoods und (unbehandelten) Nahrungsergänzungen gelegentlich nachgewiesen.

Damit die Keimzahl insgesamt möglichst gering bleibt, sind vor allem die richtige Lagerung und der Transport von Bedeutung. Bei der Weiterverarbeitung in den Produktionsanlagen oder zum Beispiel der Abfüllung kann es ebenfalls zu Kontaminationen kommen. Dies kann von Herstellerseiten durch eine gute Herstellungspraxis und die Einhaltung von Hygienemaßnahmen minimiert werden. Dies erfordert oft mehr Sorgfalt, Aufwand und Arbeitseinsatz, was mit höheren Produktionskosten verbunden ist. Keimreduzierende Dekontaminationsverfahren sind hingegen oft kostengünstig, effektiv und können mangelnde Hygienemaßnahmen kaschieren. Solche Anwendungen reichen von Bestrahlung und Ozonbehandlung bis zur Verwendung verschiedener Chemikalien in Form von Pestiziden oder Begasungsmitteln (Ethylenoxid (ETO) und Chlorate) – Verfahren, die in Deutschland zum Teil nicht zugelassen, in weiten Teilen der Welt aber (noch) gängig sind (siehe Kapitel 26).

Um sicherzustellen, dass unsere Produkte nicht durch bedenkliche Verfahren verunreinigt werden, müssen systematisch eigene Labortests durchgeführt werden. Beispielsweise testen wir alle Chargen unserer Rohmaterialien aus Indien lückenlos auf ETO und seine Verbindungen. Viele der genannten Faktoren für mikrobielle Belastungen variieren mit jeder Charge, sodass regelmäßige Untersuchungen nötig sind. Da es jedoch unmöglich ist, jede Charge auf alle erdenklichen Erreger zu untersuchen, testen wir grundsätzlich allgemein auf Mikrobiologie (Rohwaren und Enderzeugnisse) und je nach HACCP-Risikoprofil auch auf spezielle Erreger, wie z. B. Salmonellen, Schimmelpilze etc.

Falsche Lagerung oder Verarbeitung

Obwohl viele Erreger durchaus höhere Temperaturen überleben können, gilt als bester Schutz – insbesondere gegen bakterielle Erreger – das Erhitzen. Hierfür muss das Produkt durch und durch für mindestens zwei Minuten eine Temperatur von mindestens 72 °C erreichen. Gegenüber Gefrierprozessen sind viele Erreger inklusive Bakteriensporen, wie sie z. B. von Bacillus spp. und Clostridien gebildet werden, resistent. Da Nahrungsergänzungsmittel und Superfoods jedoch meistens roh verzehrt werden beziehungsweise zum Erhalt aller Nährstoffe in Rohkostqualität bewusst angeboten werden, findet in der Regel kein Erhitzen statt. Auch „echte“ Tees, speziell viele Grüntees, werden nicht mit kochendem Wasser zubereitet, sondern oft nur bei 60 °C oder sogar als Cold Brew bei Zimmertemperatur – mit entsprechend längerer Ziehzeit. Wie bereits erwähnt werden diese Teesorten jedoch bei der Herstellung bereits durch Erhitzung sterilisiert und weisen einen niedrigen Wassergehalt auf.

Für die Verwendung von Superfoods in Speisen und die Zubereitung von Smoothies wird empfohlen: möglichst sofort verzehren oder nur für kurze Zeit gekühlt aufbewahren. Auch der Zusatz von Zitronensäure kann die Vermehrung von Bakterien etwas hemmen. Eine weitere Ursache für Keimbelastungen ist die falsche Lagerung der Produkte. Vor allem Feuchtigkeit spielt hier eine Rolle. Getrocknete pflanzliche Produkte sollten daher immer luftdicht verschlossen aufbewahrt werden. Schwangeren und abwehrgeschwächten Personen wird oft empfohlen, auf entsprechende Rohkostprodukte komplett zu verzichten.

Für eine Übersicht möglicher mikrobieller Belastungen in Nahrungs(-ergänzungs)mitteln siehe Kapitel 8.

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